The B52s - Love Shack
The B-52s. "Love Shack”. Es stand eine Hütte in Georgia.
Ein kleiner Friseurladen in der Innenstadt von Chicago 1960. Die Besitzerin heißt Margaret Vinci Heldt. Vor ein paar Jahren hat sie die “National Coiffure Championship” gewonnen - frisieren kann sie also offensichtlich ganz gut. Deshalb tritt auch das Magazin Modern Beauty Salon an Margaret Vinci Heldt heran und bittet sie eine neue Frisur zu kreieren. Diese soll den Zeitgeist des neuen Jahrzehnts reflektieren.
Also denkt sich Margaret etwas aus: Eine Variante der damals sehr beliebten hochtoupierten Haare, die starke Ähnlichkeit mit einem Bienenkorb hat. Ordentlich Haarspray drauf… fertig.
Naja, fast. Eine wichtige Sache gab Margaret Vinci Heldt ihren Kundinnen noch mit auf den Weg: "Mir ist egal, was Ihr Ehemann vom Hals abwärts macht, aber ich will nicht, dass er Sie oberhalb des Halses anfasst".
Denn auf dem Hinterkopf der Damen thronte diese etwa zehn Zentimeter hohe Steckfrisur: Vor allem in den USA, aber auch bei uns in Europa, wird die “Beehive”-Frisur der große Hit. Aber wie das in der Mode ebenso ist: Irgendwann möchte die Frisur keiner mehr tragen.
Mitte der 70er - der Bienenkorb-Look ist schon seit Jahren wieder out. Doch zwei jungen Studentinnen ist der Zeitgeist völlig egal. Sie sagen: Nö, wir wollen genau so aussehen. Ihre Namen: Kate Pierson und Cindy Wilson.
Nach einer durchzechten Nacht mit Cindy Wilsons Bruder Ricky Wilson und den beiden Freunden Fred Schneider und Keith Strickland in einem China-Restaurant, kommen sie auf die Idee, eine Band zu gründen, obwohl sie eigentlich kaum Erfahrung haben. Der Bandname ist schnell gefunden. Die “Beehive”-Frisuren der Sängerinnen stehen Pate. Weil sie nicht nur wie Bienenkörbe aussehen, sondern auch an die Bugspitze einer Boeing B-52 erinnern, nennen sie sich… The B-52s.
Während dieser Zeit lädt Kate Pierson – das ist übrigens die rothaarige Sängerin - alle zu sich nach Hause ein. In eine kleine Hütte. Die befindet sich irgendwo im Nirgendwo. Genauer gesagt: ein paar Kilometer außerhalb ihrer Heimatstadt Athens in Georgia - mitten auf dem Land - auf einem Milchbauernhof.
Glaubt man der Legende – und vor allem dem Text des Songs, um den es heute geht –, dann hat die Hütte mit fünf kleinen Räumen zu dieser Zeit ein “rostiges altes Blechdach”. Und wird im Sommer oft so “heiß wie ein Ofen”, sodass man es dort drin nur aushalten kann, wenn man – Zitat aus dem Song - “so gut wie Nichts trägt”. Die Hütte dient Sängerin Kate Pierson in den Siebzigern als Zuhause. The B-52s jammen rum, schreibt hier auch “Rock Lobster”. Zweitausend Exemplare von der Nummer presst die Gruppe selbst, verteilt und verschickt den Song, bis es schließlich zu einem ersten bezahlten Auftritt in einem Nachtclub kommt.
Jetzt wird auch langsam die lokale Presse auf die The B-52s aufmerksam, und sogar ein Plattenmanager von Island Records. Der hört eher zufällig die Single und findet sie so großartig, dass er die The B-52s prompt unter Vertrag nimmt.
Im Sommer 79 erscheint dann auch direkt das Debutalbum – schlicht “The B-52s" betitelt – mit der eben erwähnten Hitsingle “Rock Lobster”. Die nächsten Auftritte folgen - und sie sind so wild und bunt, so ungewöhnlich und auffällig wie die hohen Frisuren der Sängerinnen: eine Mischung aus trockenem Humor, Love And Happiness, `nem Schuss Andy Warhol und spacigem Rock'n'Roll-Dance. The B-52s machen schnell von sich Reden und es geht die nächsten Jahre steil bergauf - bis es 1985 zu einem schweren Schicksalsschlag kommt.
Gitarrist Ricky Wilson stirbt. Zunächst dringt nach außen, dass er eines “natürlichen” Todes gestorben sei. Dann heißt es, nein, Ricky Wilson habe Krebs gehabt. Schließlich stellt sich jedoch heraus, dass AIDS die Todesursache gewesen ist. Von 5 guten Freunden bleiben 4 zurück - verzweifelt und in tiefer Trauer. Der Tod von Ricky Wilson verändert alles. Zwar gibt es zum 1986 erscheinenden Album “Bouncing Off The Satellites” noch eine kleine Promo-Tour, aber danach - die Band weiß nicht, wie es weitergehen soll.
Nicht nur der Tod eines ihrer Mitglieder setzt The B-52s zu: Weil das Album ihr bisher teuerstes ist, geraten die vier verbliebenen Mitglieder in finanzielle Schwierigkeiten. Fast zwei Jahre lang machen die The B-52s gar nichts mehr.
Erst 1988 überzeugt Schlagzeuger Keith Strickland die anderen, sich zu treffen und endlich wieder an neuer Musik zu arbeiten. Oder zumindest, es zu versuchen.
Die Wälder und grünen Wiesen rund um Woodstock. Diese Orte haben sich die verbliebenen The B-52s ganz bewusst in dieser schweren Zeit gewählt. Hier laufen die vier Bandmitglieder von nun an oft herum, gehen spazieren, lassen sich irgendwo nieder - und nehmen nur selten ihre Instrumente in die Hand. Oder denken sich neue Melodien aus.
Die meiste Zeit verbringen sie mit Reden. Später erinnert sich der Drummer an diese Zeit und sagt, dass sie genau das gebraucht hätten, denn Ricky Wilsons Tod sei für alle ein so unglaublich traumatisches Erlebnis gewesen, … allen voran natürlich für seine Schwester Cindy Wilson. Und Kate Pierson fügt in einem Interview hinzu: “Es war ein Prozess der Heilung.”
Ganz langsam nehmen die neuen Songs Form an. Über ein Jahr schreiben die vier daran, und am Ende haben sie tatsächlich genügend Material, um ein weiteres Album aufzunehmen. Und The B-52s haben noch eine Idee: Ein 15 Minuten langes Stück, das noch völlig unausgearbeitet ist. Als die Aufnahmen für “Cosmic Thing” einen Tag früher als geplant abgeschlossen sind, sagt sich die Band: Komm, lass’ uns das Ding doch mal unserem Produzenten vorspielen, Zeit is ja noch, mal schauen, was er sagt.
Der ist sich zunächst nicht sicher, findet aber irgendwie gefallen an der Melodie und schlägt vor, diese rohe Idee doch mal mit einer anderen zu verbinden, an der die Band gerade so rumimprovisiert. Moment, was habt ihr da noch mal gesungen -hmmm - irgendwas über eine “Liebes-Hütte”? The B-52s versuchen es einfach mal, haut den Refrain des einen mitten rein in den anderen Song, und plötzlich … macht es “Klick”: Der “Love Shack” ist geboren. Alle merken sofort: Das Ding ist ein Hit.
Ein Hit, den eigentlich niemand vorhatte, zu schreiben, wie Kate Pierson später zugibt: “Hits waren überhaupt nicht unser Ziel. Wir wollten uns einfach alle nur heilen, Rickys ‘Spirit’ kanalisieren, und ich weiß, dass Ricky zu dieser Zeit auch bei uns war, ich konnte seine Präsenz regelrecht spüren.”
Der Text des Songs bezieht sich einerseits auf einen afrikanisch-amerikanischen Club nahe ihrer Heimatstadt Athens, in dem die Bandmitglieder früher öfter abgehangen und sich Konzerte angeschaut haben. Ein Club mit einem Blechdach, der von außen wie eine alte, rostige Hütte aussah. Die andere Inspirationsquelle aber ganz klar:
Kate Piersons Hütte auf der Milchfarm, in der es im Sommer so heiß wurde, dass man es dort nur aushalten kann, wenn man “so gut wie Nichts” trägt.
Jahr: 1989
Länge: 4:14
Album: Cosmic Thing
Label: Century 21
Peters Pop Stories
Zu fast jedem großen Hit der 80s gibt es eine Geschichte. Und wenn jemand diese Stories kennt, dann Peter Illmann. Im Podcast erzählt er die spannendsten, unglaublichsten und schönsten Geschichten zu den 80s-Hits, die ihr liebt. Jede Woche gibt´s eine neue Folge - viel Spaß!
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