Lisa Stansfield - All Around the World
Lisa Stansfield. All Around the World. Ich oder wir?
Großbritannien, 1980, freitags, 20:00. Eine Titelmelodie zieht britische Familien magisch vor die Fernsehgeräte… ITV zeigt "Search for a Star", eine der ersten großen Casting-Shows in Europa - sozusagen ein früher Vorläufer von "Deutschland sucht den Superstar".
Keine Jury, sondern die Zuschauer entscheiden hier über das größte Talent. Und die staunen nicht schlecht, als der etwas steife Moderator Steve Jones die Gewinnerin verkündet: Lisa Stansfield aus Rochdale. Gerade mal 14 Jahre alt, sticht sie mit ihrer herausragenden Stimme Komiker, Tänzer und andere Musiker aus.
Nach ihrem Sieg scheint es nur bergauf zu gehen. Lisa Stansfield unterschreibt einen Vertrag bei Devil Records, nimmt 1981 mit 15 Jahren ihre erste Single "Your Alibis" auf. Damit nicht genug: Sie wird Moderatorin der Teenie-Show „Razzmatazz“, wo sie unter anderem mit einem jungen Ricky Gervais zusammenarbeitet.
Junges Mädchen, früher Ruhm – damit umzugehen ist nicht einfach. Im Rückblick sagt die Sänger, sie habe damals die Bodenhaftung verloren: "Ich schmiss die Schule und dachte, ich hätte das große Los gezogen. Ein Job beim Fernsehen, genug Geld – was wollte ich mehr? Zu der Zeit war ich ein ziemlicher Dummkopf."
Bald zeigt sich, dass ihre Platten sich nicht so gut verkaufen wie erhofft. Und in der TV-Show bleibt sie nur die Assistenzmoderatorin. Freunde wenden sich ab und ihre Mutter setzt die bockige Teenagerin auf die Straße. Vollbremsung statt Vollgas.
Ein paar Jahre später, Mitte der 80er. Lisa Stansfield trifft Ian Devaney und Andy Morris. Sie sind Klassenkameraden, Musiker und Freunde. Und die drei hatten sich das alles anders vorgestellt... sie wollten gute Musik machen, die Welt verändern, erfolgreich sein. Doch stattdessen sitzen sie in einem Pub, trinken viele Pints und sind sich einig: so kann es nicht weitergehen. Sie beschließen, eine Band zu gründen. Der Namen wird noch am selben Abend gefunden: Blue Zone. Schnell finden sie eine Plattenfirma, mit "Thinking About His Baby" landen sie einen Dance-Hit
Lisa Stansfields Bandkollegen Ian Devaney und Andy Morris toben sich auch in Nebenprojekten aus – unter anderem als Studiomusiker für das Produzentenduo Coldcut. Die gelten in der zweiten 80er-Hälfte als cooler und moderner als ihre Kollegen Stock-Aitken-Waterman.
Lisa Stansfield ist ein bisschen eifersüchtig auf Ian Devaney und Andy Morris - und besucht die beiden, während die im Studio für Coldcut arbeiten...
Der Weg in das Coldcut-Studio in der Kennington Lane in London ist beschwerlich. Die Gegend ist Ende der 80er überhaupt nicht sicher. Im Park hinter dem Haus stehen die Dealer. Es geht enge Treppen rauf, das Studio selbst ist schmuddelig .. ganz im Gegensatz zu Lisa Stansfield. Hier das gammelige Studio, da die umwerfende Frau mit der legendären Stimme.
Es dauert nicht lang, da werden ein paar Kisten wegeräumt, um Platz für Lisa Stansfield zu schaffen. Schon bei ihrem ersten Besuch soll sie spontan als Sängerin bei "My Telephone" einzuspringen. Die Jungs von Coldcut sind begeistert – und fragen dann auch gleich: "Lisa, kannst du für uns 'People Hold On' singen? Das soll unser nächster Hit werden..."
Die Produzenten haben Recht: "People Hold on" von Coldcut featuring Lisa Stansfield wird in Großbritannien und im Ausland ein Hit. Das ist großartig - und zugleich ein Problem. Denn ihre Plattenfima sagt zu Lisa: “Wir wollen dich als Solokünstlerin, von der Band solltest du dich trennen.”
Das macht einerseits auch wirklich Sinn. Denn durch den Erfolg ist ihr Name jetzt viel bekannter als der ihrer Band Buel Zone. Und Lisa Stansfield will weiter in den Charts mitspielen, davon träumt sich ja praktisch ihr ganzes Leben. Aber andererseits ... die Jungs zurücklassen, mit denen sie im Pub in Rochdal Blue Zone gegründet hat... mit dem Gedanken kann sie sich nicht anfreunden. Das es alleine im Musikgeschäft schwierig ist, diese Erfahrung hatte sie ja schon als Teenagerin gemacht: "Ich wollte nie wieder solo arbeiten", sagt sie rückblickend.
Und so entscheidet sie sich für das Beste aus beiden Welten: Aus Buel Zone wird einfach Lisa Stansfield. Auch wenn wir sie alle als Solo-Künstlerin wahrgenommen haben, verbirgt sich dahinter weiterhin das Trio Lisa Stansfield, Ian Devaney und Andy Morris. So ist es auch vollkommen normal, dass auf Lisa Stansfield-Platten oft Bilder von Ian Devaney und Andy Morris zu sehen sind.
Die Loyalität lohnt sich. Denn Ian Devaney und Andy Morris arbeiten nächtelang an neuen Songs für Lisa Stansfield. Sie erinnert sich an einen ganz speziellen Moment: "Ich kam ins Studio und Ian spielte am Klavier herum. Er hatte eine Melodie und ich fing einfach an zu singen: 'Been around the world and I, I, I…' Alle lachten, aber Ian sagte: 'Warte, das ist wirklich gut.'”. Aus der spontanen Idee wird ein Song.
Das legendäre "Been around the world and I, I, I, I can't find my baby" bezieht sich auf ihre sehr kurze Ehe mit Augusto Grassi. Lisa Stansfield zog mit ihm nach Rom und nach nur vier Monaten wieder alleine nach Großbritannien zurück. Lisa Stansfield sagt heute, dass sie schon nach sechs Wochen erkannte habe, dass sie "wohl eher in ein Leben in Italien verliebt war, als in Augusto..."
Ende der 80er erscheint „All Around the World“ und wird ein internationaler Hit. Und – als wolle das Schicksal die Richtigkeit ihrer Entscheidung beweisen – heiratet Lisa Stansfield bald darauf ihren Schulfreund und Bandkollegen Ian Devaney. Diese zweite Ehe wird ein Dauerbrenner – genauso wie „All Around the World“, das auch nach Jahrzehnten nichts von seinem Zauber verloren hat.
Jahr: 1989
Länge: 4:13
Album: Affection
Label: BMG Entertainment
Peters Pop Stories
Zu fast jedem großen Hit der 80s gibt es eine Geschichte. Und wenn jemand diese Stories kennt, dann Peter Illmann. Im Podcast erzählt er die spannendsten, unglaublichsten und schönsten Geschichten zu den 80s-Hits, die ihr liebt. Jede Woche gibt´s eine neue Folge - viel Spaß!
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