Midnight Oil - Beds Are Burning
Midnight Oil. Beds Are Burning. Wie können wir tanzen, wenn die Welt um uns herum sich doch immer weiterdreht?
Es ist 1986. Wir befinden uns im australischen Outback. Was das Outback genau ist, das wird in Australien unterschiedlich definiert. Im Allgemeinen versteht man darunter die Wildnis - oder überspitzt ausgedrückt: Das Outback, das ist die “Pampa”. Man kann hier leben, aber die Landschaft ist karg und Landwirtschaft kann nur sehr eingeschränkt betrieben werden. Es gibt staubige Wüsten, es ist heiß, und der Lebensstandard in der Regel niedrig. Hier tourt damals die australische Band Midnight Oil.
Anders als im Rest der Welt, sind Midnight Oil in ihrer Heimat zu dieser Zeit bereits äußerst erfolgreich. Es gibt die “Oils” - wie man sie auch nennt - seit rund 8 Jahren, und mit ihrem vierten Album schaffen sie den Durchbruch in ihrer Heimat. Ihr nächstes Album - “Red Sails In The Sunset” von 1984 - geht dort sogar auf die 1.
Die fünf Männer rund um ihren glatzköpfigen Sänger Peter Garrett haben mittlerweile so viele Fans, dass sie eine landesweite Tour spielen können. “Landesweit”, das heißt in Australien tausende Kilometer durch einen Kontinent, der 21mal größer ist als Deutschland, auf dem aber nicht mal ein Drittel so viele Menschen leben. Die Tournee führt sie also zwangsläufig in ein paar sehr abgelegene Gebiete. Und dort… gehen den Bandmitgliedern zum ersten Mal die Augen auf. Denn hier werden Midnight Oil mit den Lebensumständen der Menschen konfrontiert, die schon lange vor ihnen auf diesem Kontinent lebten: Den australischen Ureinwohnern.
Was ist über die als “Aborigines” bezeichneten Ureinwohner bekannt? Klar, wir kennen den Boomerang, oder das Didgeridoo, das sie traditionell spielen. Aber was noch? Wissenschaftler haben bewiesen, dass sie seit mindestens 50.000 Jahren in Australien leben. Sie stellen somit die älteste noch lebendige Kultur unseres Planeten - Wahnsinn! Ein Wahnsinn ist aber auch, wie man sie teilweise bis heute behandelt.
Seit der Besiedlung Australiens im 16. Jahrhundert durch die Europäer wurden die Aborigines mehr und mehr aus ihren Lebensräumen vertrieben - wurden ermordet. Ihres Landes beraubt und ihre Traditionen unterdrückt. In den großen Städten wie Sydney oder Melbourne sieht man sie kaum. Sie leben unter teils erbärmlichen Bedingungen im Outback. Zusammengepfercht in Wellblechhütten zum Beispiel, oftmals ohne Strom oder fließend Wasser.
Genau das sehen Midnight Oil bei ihren Konzerten immer und immer wieder. Und es bewegt sie so sehr, dass sie einen Song über genau diese Thematik schreiben … nein, schreiben MÜSSEN, wie sie später selbst sagen: “Beds Are Burning”.
Es ist ein Song, der nichts verschweigt, nichts bloß umschreibt. Im Gegenteil. Der Text ist “voll auf die Zwölf”:
The time has come
A fact's a fact
It belongs to them
Let′s give it back]
“Die Zeit ist gekommen. Ein Fakt ist ein Fakt. Es gehört ihnen. Lasst es uns ihnen zurückgeben.” Das Land… gehört ihnen… den australischen Ureinwohnern.
Und weiter: “Wie können wir tanzen, wenn unsere Erde sich einfach weiterdreht? Wie schlafen, wenn unsere Betten … brennen?”
Midnight Oil-Schlagzeuger und Gründungsmitglied Rob Hirst sagt in einem Interview über den Song:
“Das Thema Landrechte gibt es in vielen Ländern der Erde. In Neuseeland, in Kanada, in den USA. Aber wir als Midnight Oil waren dazu bestimmt, als Band angesehen zu werden, die nicht einfach über irgendwelche Probleme schreibt, die im Prinzip überall vorkommen könnten. Wir haben ganz klar Ortsnamen und ganz spezifische Beschreibungen in unsere Songs gepackt.”
Ein Song über die Ungerechtigkeiten in Bezug auf die australischen Ureinwohner also. Nicht über Menschen im Allgemeinen, die durch irgendein austauschbares System unterdrückt werden. Ein Song, von dem man meinen könnte, dass sein Inhalt den Rest der Welt eher weniger interessiert. Doch... “Beds Are Burning” wird ein Hit. Und was für einer! “Beds Are Burning” geht nicht nur in die Top 10 der australischen Charts, sondern stürmt die Hitlisten weltweit. Obwohl - oder vielleicht gerade weil - nicht jeder versteht, dass es sich trotz der positiven, nach vorne gehenden Melodie, um einen waschechten politischen Protestsong handelt.
Es wird bis heute der größter Erfolg für Midnight Oil. Wer jetzt aber glaubt, mit der Veröffentlichung des Songs wäre es das gewesen, und er hätte seinerzeit Großes bewirkt, der täuscht sich.
Zwar rückt die Ureinwohner-Problematik in den nächsten Jahren in Australien immer stärker in den Fokus, das schon. Der im Jahr 1991 ins Amt gewählte Premierminister Paul Keating lässt sogar tatsächlich Gesetze verabschieden, die die Landrechte der Aboriginis regeln sollen. Doch schon sein Nachfolger John Howard, der das Land von 1996 bis 2007 anführt, fährt eine ganz andere politische Linie. Er weigert sich beispielsweise, sich bei den Ureinwohnern für die Gräueltaten der Vergangenheit zu entschuldigen. Das macht die Jungs von Midnight Oil so wütend, dass sie eine handfeste Protestaktion planen.
Bei der Abschlussveranstaltung der Olympischen Spiele 2000 in Sydney dürfen auch Midnight Oil natürlich nicht fehlen. Ihr Auftritt im Australia Stadion am 1. Oktober findet vor rund 115.000 Menschen statt und wird weltweit von einer Milliarde Zuschauern an den Fernsehbildschirmen verfolgt. Als Midnight Oil auf die Bühne gehen, stehen sie unter enormem Druck. Denn einerseits wollen sie die Party nicht ruinieren. Auch haben sie keine Genehmigung seitens des Internationalen Olympischen Komitees für ihre nun folgende Aktion erhalten. Aber sie wissen, wie es in ihrem Song heißt, “Die Zeit ist gekommen”. - “The Time Has Come”. Und so spielen Midnight Oil “Beds Are Burning” - in schwarzen Outfits, auf denen in weißen Buchstaben nur ein einziges Wort steht… “Sorry”.
Jahr: 1987
Länge: 4:13
Label: CBS
Album: Diesel And Dust
Peters Pop Stories
Zu fast jedem großen Hit der 80s gibt es eine Geschichte. Und wenn jemand diese Stories kennt, dann Peter Illmann. Im Podcast erzählt er die spannendsten, unglaublichsten und schönsten Geschichten zu den 80s-Hits, die ihr liebt. Jede Woche gibt´s eine neue Folge - viel Spaß!
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