Simply Red "Holding Back The Years"
“Holding Back The Years” ist ein sehr persönlicher Song. Simply Red-Frontmann Mick Hucknell verarbeitet darin seine eigene, traurige Familiengeschichte.
“Holding Back The Years” ist ein sehr persönlicher Song. Simply Red-Frontmann Mick Hucknell verarbeitet darin seine eigene, traurige Familiengeschichte.
Im Zimmer von Mick Hucknell. Er ist 17 und hat sich gerade mit seinem Vater gestritten. Der sitzt jetzt nebenan im Wohnzimmer. Auf dem Schreibtisch liegt ein weißes Blatt Papier. In der Schule hat der rothaarige Junge etwas vom “Stream Of Conciousness” gehört. Das ist eine Schreibtechnik, bei der man ohne weiter drüber nachzudenken aufschreibt, was einem gerade in den Sinn kommt.
Mick Hucknell denkt an die Vergangenheit, an die Ängste, die er so lange mit sich trägt, dann stehen die spontanen ersten Worte auf dem Zettel: “Holding - Back – The – Years. Thinking Of The Fear I´ve Had So Long.” Das er hier gerade die ersten Zeilen eines Welthits schreibt, ahnt der junge Mick Hucknall natürlich nicht
Schon seit den frühen Sechzigern ist Mick Hucknells Familie nicht vollständig. Die Mutter hat Sohn und Vater verlassen, als er gerade mal drei Jahre alt war. Seitdem leben die beiden in einem Haus in Denton in der Nähe von Manchester. Eine Zeitlang funktioniert das auch gut. Anfang der 70er kommt Mick Hucknell dann in die Pubertät - und sein alleinerziehender Vater an seine Grenzen. Denn ab dem Teenie-Alter gerät Mick Hucknell immer häufiger mit seinem Dad aneinander, ständig gibt es Streit, wegen jeder Kleinigkeit.
Es gab – wie es Mick Hucknall Jahrzehnte später mal in einem Interview formulieren wird – in der Familie eben keine “Schiedsrichterin”. Seine Mutter lebt tausende Kilometer entfernt in Dallas in den USA. Es gibt keinen Kontakt.
Mick Hucknall träumt schon früh davon, eines Tages Sänger und Musiker zu werden. Er besucht regelmäßig Konzerte im nahen Manchester, trifft Gleichgesinnte. Seine erste ernstzunehmende Band heißt Frantic Elevators. Die Jungs lernen sich auf einem Konzert der Sex Pistols kennen – entsprechend auch der Sound der wilden Truppe...
1982 erscheint ihre vierte und letzte Single. Auf dem Cover: Mick Hucknall mit einer Pistole im Mund. Ein ziemlich drastisches Motiv. Dabei passt es gar nicht zum Song – und der Song gar nicht zum sonstigen Sound der Band. Denn Mick Hucknall aus seinem Text aus dem Jugendzimmer inzwischen eine echte Ballade gemacht. Ein kleiner Stimmungskiller bei den ansonsten eher stürmischen Konzerten der Frantic Elevators. Kein Wunder, dass das Lied unter diesen Umständen kein Hit wird.
Kurz nach dem Erscheinen des Songs geht die Band auseinander. Danach sucht Mick Hucknall in Manchester nach neuen, talentierten Musikern, mit denen er eine neue Band starten kann. Nachdem er seine Band gefunden hat, gehen sie ziemlich skurril auf die Suche nach einem Bandnamen: Sie suchen nach etwas, das auf Mick Hucknalls markante Haarfarbe anspielt: Rot ... also “Red”. Im Rennen sind Red And The Dancing Dead, Just Red und schließlich Simply Red.
Und jetzt geht plötzlich alles ganz schnell: “Moneys Too Tight To Mention” wird sofort ein Erfolg: In England geht die Single bis auf die 13, in den USA in die Top 40. Ein paar Monate später erscheint dann das überarbeitete “Holding back the Years” - und dass passt natürlich perfekt zum Sound von Simply Red. Der Song wirkt jetzt deutlich reifer, poppiger und runder. Der Lohn: Nummer 1 in den USA. Nummer 2 in England, Charterfolge rund um den Globus. Spätestens jetzt ist Mick Hucknall ein Superstar.
Und wenn man, so wie Mick Hucknall, über eine sehr persönliche Erfahrung singt und dieses Lied dann um die Welt geht... dann kann es passieren, dass die Menschen, um die es in dem Song geht, darauf reagieren. Und weil er singt “Hoping For The Arms Of Mater” - also "Die Arme der Mutter herbeisehnend" - meldet sie sich eines Tages beim inzwischen erfolgreichen Mick Hucknall. Die Frau, die die Familie verließ, als er gerade einmal drei Jahre alt war.
Doch die Geschichte bekommt kein Happy End. Denn die Frau, die seine Mutter ist, bleibt nach so vielen Jahren eine Fremde. Außerdem leidet sein Vater unter dem Kontakt. Und weil der immer an seiner Seite war, ist für Mick Hucknall klar: Er möchte, dass es seinem Dad gut geht. Und dass keine alten Wunden aufreißen. 2008 erzählt er in einem Interview, dass er seine Mutter genau zweimal getroffen hat. Und dann nicht mehr...
Im selben Interview spricht Mick Hucknall – inzwischen selbst Vater - über seine eigene Familie. Mick Hucknall war jahrelang als Frauenheld bekannt. Doch das Letzte, was er jetzt wolle, sei ein “kaputtes Zuhause”. Jetzt versteht er den Mann viel besser, der damals nach einem Streit nebenan im Wohnzimmer saß, während er ahnungslos einen Welthit auf ein Stück Papier kritzelte: “Jetzt, da ich selber Vater bin, kann ich sehen, welches Opfer mein Vater in den 60ern gebracht hat.”
Zu fast jedem großen Hit der 80s gibt es eine Geschichte. Und wenn jemand diese Stories kennt, dann Peter Illmann. Im Podcast erzählt er die spannendsten, unglaublichsten und schönsten Geschichten zu den 80s-Hits, die ihr liebt. Jede Woche gibt´s eine neue Folge - viel Spaß!
Zu fast jedem großen Hit der 80s gibt es eine Geschichte. Und wenn jemand diese Stories kennt, dann Peter Illmann. Im Podcast erzählt er die spannendsten, unglaublichsten und schönsten Geschichten zu den 80s-Hits, die ihr liebt. Jede Woche gibt´s eine neue Folge - viel Spaß!