Blondie - Call me
Blondie. Call me. Rockstars? Nein, danke!
Eigentlich hätte man meinen können, Blondie wären mit ihrem Album "Eat to the Beat" Ende 1979 bereits auf dem Höhepunkt ihrer Karriere angekommen. In den USA mit Platin ausgezeichnet, verbrachte das Album ein ganzes Jahr in den Billboard-Charts. Und auch in der Bundesrepublik hatten sie es damals bereits mit "Heart of Glass" bis an die Spitze geschafft...
Vermutlich dachte die Band: Mehr geht nicht – und damit lagen sie falsch. Denn eines Tages meldete sich der italienische Musikproduzent und Komponist Giorgio Moroder. Der gilt als Disco-Pionier der 70er Jahre und war damals Experte für Film-Soundtracks. Moroder arbeitete zu dieser Zeit an der Musik zum Film "American Gigolo" mit Richard Gere in der Hauptrolle.
Als er Blondie-Frontfrau Debbie Harry kontaktierte, hatte er einen halbfertigen Song namens “Man Machine” dabei. Ursprünglich sollte den die Sängerin von Fleetwood Mac, Stevie Nicks, singen. Aber sie hatte entweder keine Zeit oder ihre Plattenfirma war dagegen – so ganz genau weiß man das nicht. Doch zum Glück waren Blondie interessiert. Debbie Harry nahm sich das unfertige Lied vor und ergänzte Text und Melodie – alles ging ganz schnell. "Als ich es schrieb, stellte ich mir die Anfangsszene vor, wie man an der Küste Kaliforniens entlangfährt", erinnerte sie sich in einem Interview. Nach ein paar Stunden war sie fertig. Und einen neuen Namen hatte sie dem Track auch noch gegeben: “Call me” hieß er nun.
Und Giorgio Moroder? Der war sofort begeistert! "Sobald ich Deborah eine grobe Version von 'Call Me' singen hörte, wusste ich, dass wir einen Hit hatten".
Bis hierhin lief alles wie am Schnürchen... ein erfolgreicher Produzent kooperiert mit einer erfolgreichen Band, zusammen kreieren sie einen Song, der das Zeug zur Chartspitze hat. Doch das sollte sich schlagartig ändern... nämlich als die Band mit Giorgio Moroder ins Studio ging. Denn da kamen plötzlich Seiten der Band zum Vorschein, die bisher keine Rolle gespielt hatten. Und diese... sagen wir mal... dunklen Seiten gab es nicht ohne Grund. Denn es gab eine Schattenseite ihres unglaublichen Erfolgs: der Druck des Ruhms und der damit verbundene Lebensstil; Drogen, Partys, Fans, die Presse und immer die Plattenfirma im Nacken. Die Folge: Es gab Spannungen in der Band Blondie. Und die kamen bei den Aufnahmen zu “Call Me” ungeschönt zum Vorschein. Endlose Diskussionen, fortwährende Auseinandersetzungen, Drama, Diven-Theater. "Es gab immer Streitereien," erinnerte sich der genervte Giorgio Moroder, der doch einfach nur dieses ganz und gar großartige Lied mit der Band aufnehmen wollte.
Konflikte gab es nicht nur innerhalb der Band, sondern auch mit Giorgio Moroder. Der nahm zunächst die instrumentale Version mit seiner Crew in London auf. In New York sollte dann mit der Band der Gesang dazukommen. Doch plötzlich wollten die Musiker ihre Parts doch selber einspielen. Dafür musste die Band das Lied synchron zur geplanten Filmpassage zu einspielen. Doch das ist, wenn man damit keine Erfahrung hat, gar nicht so einfach. Sie kriegten es nicht hin und Giorgio Moroder stoppte die Session irgendwann und ließ lieber wieder seine eigenen Leute ran. Darum stammt dieses legendäre Keyboard-Solo in “Call me” gar nicht von Blondie-Keyboarder Jimmy Destri. Hier hat jemand ganz anders in die Tasten gehauen – und zwar ein gewisser Harold Faltermeyer, ja genau, unser Mann aus München, der später mit "Axel F." einen großen 80er-Hit landen sollte. Zu dieser Zeit steckte er noch in den Anfängen seiner Karriere und arbeitete im Team von Giorgio Moroder mit.
Trotz all des Stresses und Ärgers ... sie stellten den Song fertig und er wurde – wie vorhergesagt – ein Hit! Debbie Harry erzählt später, dass sie gleich Giorgio Moroder anrief, nachdem sie erfahren hatte, dass das Lied auf Platz Eins gelandet war: "Ich erinnere mich, wie ich mit Giorgio sprach, der sehr enthusiastisch war und vor Freude sprang.”
Ich weiß nicht, ob es den Plan schon vorher gab oder ob er durch die Euphorie des Erfolgs entstand... aber an irgendeinem Punkt vergaß Giorgio Moroder wohl den ganzen Ärger bei den Aufnahmen . Und dann gab es da die Idee, nach "Call Me" gemeinsam ein ganzes Album aufzunehmen. Und dass das ein Fehler war, wurde ihm blitzschnell klar. Denn als er mit Blondie zurück ins Studio ging, kam es zu einem denkwürdigen Moment. Schon kurze Zeit, nachdem sie sich an die Arbeit machten, ging es wieder los. Dieses Mal stritten sich Keyboarder Jimmy Destri und Gitarrist Chris Stein. Worüber? Ist eigentlich egal. Denn der fassungslose Giorgio Moroder hatte in diesem Moment eine Eingebung: Ich arbeite nie wieder mit Rockbands zusammen! Und dann machte er kurzen Prozess: Er rief seinen Manager an, erklärte ihm, er habe die Schnauze voll und dass er die Zusammenarbeit mit Blondie sofort beenden würde...
Das Ende der Zusammenarbeit blieb für beide Seiten erstmal folgenlos. Vor allem durch den Start von MTV 1981 wurden Blondie noch populärer, bevor sie sich ein Jahr später auflösten und Debbie Harry solo weitermachte.
Und Giorgio Moroder? Der blieb bei seinem Entschluss treu, nie wieder mit einer Rockband zusammenzuarbeiten. Im Verlauf seiner Karriere arbeitete er mit vielen Künstlern, auch solchen, die als schwierig gelten: Barbra Streisand, Nina Hagen und auch mit der Blondie-Frontfrau Debbie Harry. Nur eine klassische Rockband, die können wir in seiner Diskografie nach dem Blondie-Trauma nicht mehr finden…
Jahr: 1980
Länge: 3:18
Album: Best Of Blondie
Lable: Chrysalis
Peters Pop Stories
Zu fast jedem großen Hit der 80s gibt es eine Geschichte. Und wenn jemand diese Stories kennt, dann Peter Illmann. Im Podcast erzählt er die spannendsten, unglaublichsten und schönsten Geschichten zu den 80s-Hits, die ihr liebt. Jede Woche gibt´s eine neue Folge - viel Spaß!
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