Pet Shop Boys "West End Girls"
Warum die Pet Shop Boys zwei Anläufe brauchten, um aus ihrem Song einen Hit zu machen, erzähle ich Euch in der heutigen Folge...
Warum die Pet Shop Boys zwei Anläufe brauchten, um aus ihrem Song einen Hit zu machen, erzähle ich Euch in der heutigen Folge...
19. August 1981. Ein historischer Tag für die Pop-Musik. Auch wenn das weder der 27-jährige Neil Tennant noch der 21-jährige Chris Lowe gerade ahnen.
Die beiden kennen sich bis zu diesem Tag noch nicht, aber sie gehen beide in einem Elektronikladen in der Londoner King’s Road einkaufen. Neil sucht ein Kabel für seinen ersten Synthesizer. Die beiden kommen ins Gespräch über Instrumente und Musik. Und am Ende des Einkaufs drückt Neil Tennant dem jüngenen Chris Lowe einen Zettel in die Hand: “Hier, meine Telefonnummer. Ruf doch mal an.”
Das tut Chris Lowe drei Tage später auch. Und weil beide die gleiche Vorliebe für Dance-Musik und die HI-NRG-Szene haben, beschließen sie, eine Band zu gründen. Wegen ihrer gemeinsamen Vorliebe für das Londoner West End, nennen sie sich West End. Aber der Name ist nicht für die Ewigkeit. Einige Zeit später werden sie zu den Pet Shop Boys, den “Jungs aus dem Zoogeschäft” ... zugegeben, dass klingt im Englischen viel besser als in der deutschen Übersetzung. Inspiriert wird der Name von Freunden, die zu dieser Zeit in einer Zoohandlung in Ealing arbeiten.
Neil Tennant und Chris Lowe schreiben Songs. Hauptberufliche Musiker sind sie damals noch nicht. 1984 studiert Chris Lowe Architektur, und Neil Tennant arbeitet als Autor bei der bekannten Musik-Zeitschrift Smash Hits.
Es gibt ein lustiges Bild von Neil Tennant aus dieser Zeit aus seinem kleinen Redaktionsbüro. Neil Tennant - später ja immer kahlrasiert - hat auf dem Photo noch relativ volles Haar, er trägt eine ziemlich spießige Kassengestell-Brille, und ein ebenso spießiges, kurzärmeliges Streifenhemd an. Sein “Look” wird von einem billigen, gestreiften Schlips – sagen wir mal - “stilecht abgerundet”. Da sieht er noch nicht so sehr nach einem echten Popstar aus. Doch genau das würde sich schon bald ändern.
Neil Tennant wird von seiner Zeitschrift nach Amerika geschickt. Sein Auftrag: bei einem Konzert von The Police ein Interview mit Sänger Sting zu führen. Das tut Neil Tennant auch. Und wo er aber schon mal in New York ist, nutzt Neil Tennant den Trip, um bei einem seiner großen Idole vorstellig zu werden: Bei Disco-Produzent Bobby “O” Orlando. Falls ihr den nicht kennt: Der Mann ist vor allem Anfang der 80er sowas wie der amerikanische Dancefloor-Mogul der zum Beispiel Divine oder die Flirts produziert hat ...
Da Neil Tennant ja ebenfalls eine Pop-Band hat, die Pet Shop Boys, fragt er Bobby “O” Orlando einfach, ob sie nicht mal was zusammen aufnehmen wollen. Und Bobby “O” Orlando... sagt der direkt “Ja”. Ein Produzent, der Platten aufnehmen könne, dies aber nicht rund um die Uhr tue – so Bobby “O” Orlandos Credo – handele „ungehorsam gegenüber Gottes Befehl“.
Zudem hat Bobby “O” Orlando eh gerade eine verrückte Idee, die er ausprobieren will: Nämlich einen Rap-Song mit einem britisch-klingenden Sänger. Da kommen die Pet Shop Boys doch wie gerufen. Er nimmt ein paar Songs mit ihnen auf, einer davon ist “West End Girls”.
Sänger Neil Tennant hat dafür bereits einen sehr sperrigen, seltsamen und recht düsteren Text parat. Der ist maßgeblich inspiriert von einem Gedicht von ... genau... T.S. Eliot zurückführt: “Das wüste Land” - “The Waste Land”. Eine Zeile klaut Neil Tennant sogar komplett. Das Ganze mixt er zusammen mit Bildern und Gefühlen über das abendliche Ausgehen im West End, das Loslassen und Verschwinden in einer nächtlichen Party-Welt. Und noch etwas beeinflusst ihn. Weitere Inspiration liefert ein alter James Cagney-Gangster-Film. Da leiht er sich diese Weisheit: “Manchmal bist du tot besser dran, eine Pistole in deiner Hand, die auf deinen Kopf gerichtet ist." Daraus wird die erste Zeile des Songs ...
Den Rap-Songs gefällt Sänger Neil Tennant ausgesprochen gut. Die Idee, dass er selbst rappt, allerdings etwas weniger. Er hält sich für keinen besonders talentierten Rapper. Er orientiert sich zwar an “The Message” von Grandmaster Flash, doch er findet auch, dass der viel besser rappt als er lebt...
Zurück in London bei seiner Zeitschrift Smash Hits ist, spielt er seinen musikbegeisterten Kollegen in der Redaktion alle Songs vor, die sie mit Bobby “O” Orlando aufgenommen haben. Alle, bis auf einen: “West End Girls”. Denn Neil Tennant schämt sich regelrecht für seinen Rap.
Ein Kollege – David Bostock – hat in seiner Wohnung aber ein Doppel-Tape-Deck, mit dem er Kassetten kopieren kann. Hat zu dieser Zeit nicht jeder. Also gibt ihm Neil Tennant das Band zum Überspielen mit.
Zuhause legt David das Band ein... startet es... und hört natürlich auch “West End Girls”.
Am nächsten Tag kommt David Bostock in die Redaktion und sagt: “Wow, da ist ja noch ein Song mehr drauf. Diese Rap-Nummer! Die ist ja stark.”
“Ach, wirklich?” entgegnet Neil Tennant. “Ich dachte, die wäre total peinlich.”
“Überhaupt nicht”, sagt David. “Die ist großartig!” Neil Tennant fällt ein Stein vom Herzen. Jetzt ist auch er davon überzeugt, dass aus “West End Girls” was werden kann. Wird es aber nicht. Also... nicht so richtig. Die Dance-Version von Bobby “O” Orlando wird nur ein kleiner Hit in der Clubszene, mehr nicht.
Als sie einige Zeit später einen neuen Manger und einen neuen Plattenvertrag haben, kramen sie den Song wieder raus. Für das erste Pet Shop Boys-Album “Please” arrangiert Neil Tennant den Song noch mal um, mit einem düsteren Intro und Film-Noir-Atmosphäre. Die neue Version trifft 1984 den Zeitgeist. Sie wird zum ersten großen Hit für die Pet Shop Boys, Nummer eins in den USA und England, Platz 2 der Bundesrepublik - und sie wird der Anfang einer Jahrzehnte währenden Karriere.
Die Pet Shop Boys werden laut Guinness-Buch der Rekorde zum erfolgreichsten englischen Pop-Duo aller Zeiten. Kein Wunder... bei so großartigen Songs wie “West End Girls”.
Jahr: 1985
Länge: 03:18
Album: Please
Label: Parlophone
Zu fast jedem großen Hit der 80s gibt es eine Geschichte. Und wenn jemand diese Stories kennt, dann Peter Illmann. Im Podcast erzählt er die spannendsten, unglaublichsten und schönsten Geschichten zu den 80s-Hits, die ihr liebt. Jede Woche gibt´s eine neue Folge - viel Spaß!
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"West End Girls" von den Pet Shop Boys läuft auf 80s80s WAVE. Jetzt hier einschalten!