Dance Little Bird: Die uncoolste Nummer 1 der 80er
Es hat in Deutschland einige Nummer 1-Hits in den 80ern gegeben, an denen sich heute noch die Geister scheiden. Aber eine schoss im wahrsten Sinne des Wortes den Vogel ab: Der "Ententanz".
Es hat in Deutschland einige Nummer 1-Hits in den 80ern gegeben, an denen sich heute noch die Geister scheiden. Aber eine schoss im wahrsten Sinne des Wortes den Vogel ab: Der "Ententanz".
Mit „Fade To Grey“ von Visage auf der Nummer 1 zeigten die Musik-Fans in Deutschland im März 1981 eigentlich, wohin die Reise in den kommenden Jahren gehen sollte. News Wave und Synthie-Pop würden den Markt künftig bestimmen. Dass da etwas von Holland aus in den deutschen Musikmarkt schwappte, nahmen viele anfangs wohl dann auch nicht allzu ernst. Electronica´s hieß eine Instrumental-Formation, bei der man beim Namen noch denken konnte, die packen sicher gleich einen Synthie-Klang-Teppich aus. Doch, wer die ersten Takte ihrer Erfolgsnummer „Dance Little Bird“ hörte, dem klappte erst einmal die Kinnlade runter. Was ist denn das? Eine schnelle Akkordeon-Nummer, die zwar ins Ohr geht, dort schwer wieder rauskommt, aber in den Discos eigentlich nicht tanzbar ist. So der erste Eindruck. Falsch gedacht, denn den Tanz dazu bringt das Stück gleich mit, den sogenannten Ententanz, der auch nur und ausschließlich bei „Dance Little Bird“ funktioniert.
Anfang Mai 1981 scheint „Dance Little Bird“ schon totgedudelt. In den Charts geht es nach anfänglichem Erfolg runter bis auf Platz 63. Ein kleiner Gag, der beim Karneval, beim Kindergeburtstag oder bei Opas 70. funktioniert, mehr aber auch nicht, dachte man da noch. Doch falsch gedacht, die restaurative Nummer, die gefühlt aus den 50ern stammen könnte, schafft es im Sommer, langsam ein Hit zu werden. Und dann geht es plötzlich schnell, rasend schnell. Mit Beginn des Herbstes stehen die Electronica´s zum Schrecken der Liebhaber von Pop, New Wave, Rock, NDW und Punk plötzlich an der Spitze der deutschen Charts. Acht Wochen am Stück geben sie den Platz an der Sonne nicht mehr her, am Ende sollte der Ententanz fast ein Jahr in der Verkaufshitparade bleiben, die Single, die mit gelben Entchen verziert ist, verweilt 21 Wochen in den Top 10, „Dance Little Bird“ wird die meistverkaufte Scheibe im Jahr 1981.
Offiziell will kaum jemand zugeben, die Platte gekauft zu haben. Wenn schon, dann natürlich für die Kinder, die das Lied so toll finden oder für Schwiegermutter zum Geburtstag. Keiner will auch gesehen werden, wie er, wie ein flatterndes Entlein auf der Tanzfläche wackelt, DJ weigern sich gar, die Nummer zu spielen, kommen zu vorgerückter Stunde aber kaum drum herum und mit dem einen oder anderen Gläschen im Kopf, ist am Ende auch der größte Gegner des Ententanzes mittendrin und hofft danach, nicht dabei fotografiert worden zu sein. Ob Politiker, Manager, Motorradrocker, Pfarrer oder Landwirt: Alle, ALLE machten sich zum Affen, Entschuldigung, Entlein. Die schwärzeste Stunde der Musikgeschichte? Nein, keineswegs, aber subjektiv betrachtet sicher die uncoolste Nummer 1 der 80er.
Wer glaubt, heute sei das nicht mehr möglich, der sollte sich an „Schnie Schna Schnappi“ erinnern und den Stab nicht vorschnell über die Menschen im Jahre 1981 brechen. Aber zurück zum Ententanz und den „Akkordeon-Poppern“ von den Electronica´s aus den Niederlanden. Erst die NDW sorgte Anfang 1982 dafür, dass „Dance Little Bird“ aus den Charts verschwand und in vielen Plattensammlungen schamvoll nach hinten geschoben wurde. Für die Tasten-Combo aus unserem Nachbarland sollte es der größte, aber auch einzige Hit bleiben. Ein klassisches One-Hit-Wonder.
Übrigens, der Ententanz war in den Hitparaden damals so mächtig, dass er sich nur selbst schlagen konnte. Frank Zander alias Fred Sonnenschein und seine Freunde gab dem „Dance Little Bird“ einen Text und löste in den deutschen Charts mit seinem „Ja, wenn wir alle Englein wären“ die Electronica´s auf Platz 1 ab. Auch die noch folgende Blödel-Nummer „Gib mir bitte einen Kuss“ von Ulknudel Helga Feddersen schaffte noch die Top 20 und ließ die Kasse bei der Norddeutschen klingeln.
Auch heute noch schlagen selbst erwachsene Menschen ihre Ellenbogen sofort rhythmisch an die Rippen, wenn die Akkordeons der Electronica´s die ersten Tankte spielen. Auf Partys, Geburtstagen und bei Karnevalveranstaltungen ist „Dance Little Bird“ heute noch gelegentlich zu hören. Wer die Nummer in seiner Playlist hat, wird es vermutlich für sich behalten. Radios spielten die tanzenden Entlein damals schon selten, heute hört man das Instrumentalstück fast überhaupt nicht mehr öffentlich. Sein Erfinder, der Schweizer Komponist Werner Thomas feierte kürzlich erst seinen 95. Geburtstag, was die Vermutung naheliegen lässt, dass der Ententanz gesund halten könnte. Ein Revival von „Dance Little Bird“ ist aber aktuell nicht zu erwarten.
Wer in Verdacht gerät, heute mit dem Ententanz in Verbindung zu stehen, der sucht auch schnell nach einer glaubhaften Erklärung. So beschwerte sich Top-Stürmer Deniz Undav nach einem Europacup-Spiel des VfB Stuttgart sogar nach einer Jubel-Pose über ein Tor, die dem Ententanz sehr nah kam, dass dies nicht die tanzende Ente sei, sondern ein Hochzeitstanz, den er imitierte. Wer jetzt übrigens einen Ohrwurm hat und ihn schnell wieder loswerden möchte, dem sei eines unserer 80s80s-Radios empfohlen, die sind garantiert „Ententanz-Frei!“.
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