31.05.2022
Karl Bartos wird 70
In den entscheidenden Jahren der Band war er Mitglied von Kraftwerk. In dieser Rolle ist er noch immer gefangen.
Karl Bartos war von 1975 bis 1990 Mitglied von Kraftwerk
Es gibt ausreichend Fans der Band Kraftwerk, die Veröffentlichungen ab den frühen 90ern nicht mehr so schätzen. Insbesondre die späten 70er und die 80er gelten als kreative Hochphase der Band aus Düsseldorf (wo Kraftwerk in den 70ern allerdings recht isoliert waren, im Szenetreffpunkt "Ratinger Hof" spielte man Punk). Tatsächlich könnte man sogar sagen, dass Kraftwerk schon 1986 ein bisschen die Puste ausging, das Album "Electric Café", ist durchaus nett anzuhören, aber die Musikwelt hat es nicht mehr verändern können, da war das Vorgängeralbum "Computerwelt" aus dem Jahr 1981 vergleichsweise revolutionär.
Karl Bartos war von 1975 bis 1990 Mitglied von Kraftwerk. Bevor er die Kraftwerk-Gründer Ralf Hütter und Florian Schneider kennenlernte, arbeite er mit Bodo Staiger. Deren Wege trennten sich. Aber Bodo Staiger gründete in den frühen 80ern mit Brigitte Kunz die Band Rheingold. Deren großer Hit "Dreiklangsdimensionen" war dann von Kraftwerk inspiriert.
Für Karl Bartos lief es noch ein bisschen aufregender als für Bodo Staiger. Denn das Zusammentreffen mit Ralf Hütter und Florian Schneider sollte sein Leben komplett bestimmen. Kraftwerk hatten ein Jahr zuvor das Album "Autobahn" veröffentlicht, und damit zu ihrem prägenden Stil gefunden. Karl Bartos ersetzte ab 1975 Klaus Röder. Ab dem Album "Radio-Aktivität" war er also Teil von Kraftwerk, ab 1978 arbeitet er aktiv an den Kraftwerk-Stücken mit. Er wird als Mitkomponist vieler Songs genannt: zum Beispiel "Tour de France", "Das Model" und "Der Telefonanruf". 1990 verließ er die Band um mit Bernard Sumner von New Order und Johnny Marr von The Smiths am Projekt Electronic zu arbeiten. Electronic war eine Supergroup ohne Supererfolg.
Nun wird Karl Bartos 70 Jahre alt
Einen relativ kleinen Teil seines Lebens war er Mitglied von Kraftwerk, und wird dennoch fast nur daran gemessen. Er hat aber "gelernt, damit zurecht zu kommen". Karl Bartos hadert mit dem Verlauf seiner Karriere. Eventuell macht ihn das aber auch zum besten Chronisten von Kraftwerk. In Interviews relativiert er die "elektronische Musik" von Kraftwerk als häufig analoge Sounds, die nicht aus einem Computer stammen. Er sollte es wissen. Das ist eine seiner Kernaussage seiner Biografie, nämlich, dass die Musik von Kraftwerk viel menschlicher sei, als oft angenommen.
Was Karl Bartos so spannend macht, ist seine Analyse der Arbeit von Kraftwerk. Denn er verließ die Band ja, weil er die menschliche Interaktion vermisste. Ende der 80er Jahre übernahmen tatsächlich die Computer bei Kraftwerk die Prozesse. Dem WDR sagte er im Interview dazu: "Unser Verhalten veränderte sich dahingehend, dass wir uns nicht mehr in die Augen schauten und interaktiv musizierten. Wir schauten nur noch auf die Monitore unser Computer."
Nun wird dieser wichtige Chronist der Musikgeschichte 70. Wir gratulieren Karl Bartos und danken ihm für seine Musik und die unaffektierte Betrachtung seiner Ex-Band Kraftwerk. Wir spielen zu diesem Anlass heute ganz besondere Kraftwerk-Songs auf 80s80s.
Kraftwerk - Das Model (Official Video)
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