Vor 40 Jahren begannen die 80er
Das Ende der musikalischen 70er Jahre
Auch wenn die 80er mit der Jahreswende vor nun 40 Jahren begannen, die musikalischen 70er endeten schon einige Monate zuvor. Im Juni 1979 hatte Neil Young das Album "Rust Never Sleeps" veröffentlicht und mit dem Kultsong "Hey Hey, My My" seine Verzweiflung über diese Entwicklung besungen. Die berühmte Zeile "it’s better to burn out than to fade away" bezog sich auf den drastischen Bedeutungsverlust der Rockmusik (und wurde 1994 zur tragischen Verabschiedung von Kurt Cobain in seinem Abschiedsbrief). Neil Young spürte die großen Veränderungen: Punk und insbesondere New Wave waren der Sound der Stunde, auch wenn Johnny Rotten von den Sex Pistols im Text von "Hey Hey, My My" als sterbender König besungen wird - auch damit lag Neil Young falsch. Denn während Rockmusik in den 80ern tatsächlich an Popularität verlor, konnte sich Johnny Rotten gut in die 80er retten. Sein Projekt PiL wurde 1983 mit der Single "This Is Not A Love Song" sehr erfolgreich und landete einen Top-10-Hit in Deutschland. Für Neil Young waren die 80er hingegen keine leichte Zeit. Ärger mit der Plattenfirma sorgten 1983 sogar dafür, dass das Album "Everybody’s Rockin" nur knappe 25 Minuten lang wurde. Erst die Grunge-Welle und eine Kooperation mit Pearl Jam rettete Neil Young in den 90ern. Sein Video zum Hit "Downtown" wurde von MTV in dieser Zeit stündlich gespielt.
Rock
Jede Entwicklung bringt auch eine Gegenbewegung mit sich. Der Bedeutungsverlust der Rockmusik war der Gründungsmythos einer der erfolgreichsten Bands der Dekade. Aber Mötley Crüe, die explizit angetreten waren, Rockmusik in die 80er zu bringen, wurden erst im Januar 1981 gegründet. 1980 spielte der spätere Gründer Nikki Sixx noch Bass in seiner erfolglosen Band London. Die Band London gilt als ganz besonderes Phänomen, denn sie war nie erfolgreich. Aber viele der ehemaligen Mitglieder bestimmten das Schicksal der Rockmusik über die kommenden Jahre. So war zum Beispiel Slash von den späteren Guns N’ Roses zuvor Gitarrist bei London. Natürlich gingen auch 1980 noch Rocksongs in die Charts. Die großen Rockbands konnten noch immer Singles verkaufen. REO Speedwagon ging mit "Keep On Loving You" locker in die Top 20 und verbleib fast ein halbes Jahr in den Charts. Trendresistent konnte Queen mit "Another One Bites the Dust" im Jahr 1980 einen Top 10-Hit abliefern. Aber es wurde zunehmend eng für echte Rocker: Einer der ganz großen Kultsongs der Rockmusik - "Ace Of Spades" von Motörhead - schaffte in Deutschland grade noch die Top 100: Platz 96. Dort hielt sich der Song von Lemmy Kilmister und seiner Band nur eine kurze Woche. Selbst die großen Rockbands mussten sich wandeln um erfolgreich zu bleiben. Ein prominentes Beispiel dafür ist "Another Brick in the Wall" von Pink Floyd. Der von Roger Waters geschrieben Song war von Bob Ezrin produziert worden. Bob Ezrin war bekennender Fan der Band Chic und fühlte sich durch deren Musik zu einem Dance-Beat inspiriert. Für Pink Floyd war dieser Sound ein radikaler Bruch, aber er machte sich bezahlt. Überhaupt waren Pink Floyd zuvor eine Album-Band gewesen, hochkritisch gegenüber Singleauskopplungen, die einen Song aus dem Kontext reißen würden. Aber die 80er waren eine neue Zeit, und Bob Ezrin verschaffte Pink Floyd so ihren einzigen Nummer-1 Hit.
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Punk und Post-Punk
Punk und Post-Punk hatten den Weg in die 80er geebnet. Aber Punk-Bands mussten sich anpassen. The Clash sangen in ihrem Song "1977" noch mutig: "No Elvis, Beatles or Rolling Stones in 1977". Jetzt standen The Clash auch unter Druck, schon Mitte der 80er lösten sie sich auf. 1980 machten sich erste Ermüdungserscheinungen im Punk breit. Die Szene hatte sich längst aufgeteilt in zwei Strömungen. Auf der einen Seite die kommerziellen Show-Punks, die Modeikonen wurden. Auf der anderen Seite die zunehmend radikalisieren politischen Punks. Musikalisch weiterentwickelt waren in diesem Zusammenhang nur die Vertreter des Post-Punk, wie zum Beispiel Bauhaus, Killing Joke, The Fall und The Birthday Party von Nick Cave. Die Punks verloren Biss und Relevanz. Die Post-Punk Band Joy Division fand 1980 ein abruptes Ende: der Sänger Ian Curtis beging Selbstmord. Nach dem Selbstmord von Ian Curtis wollten die verbleibenden Mitglieder einen deutlichen Bruch. Sie verabschiedeten sich vom etwas problematischen Namen Joy Division (eine sehr umstrittene Anlehnung an Strukturen in Konzentrationslagern der Nazis) und wurden New Order. New Order brach deutlich mit dem Stil der Post-Punk-Band Joy Division. Nach einer kurzen Übergangsphase, in der teilweise Material, das noch mit Ian Curtis entstanden war, aufgezeichnet wurde, bekam die Band einen sehr viel moderneren Sound. Sie wurden zur New Wave-Band und Inbegriff der 80er-Musik.
Wave
Vom Mainstream noch kaum beachtet hatten sich weitere Wave-Bands in Position gebracht. The Cure veröffentlichte im März 1980 ihre erste Single: "A Forest". Das Lied war schon 1979 geschrieben worden, der The Cure-Sänger Robert Smith war zu dieser Zeit noch in der Band Siouxsie and the Banshees und würde sich erst in den 80ern auf das Nebenprojekt The Cure festlegen. Mit "A Forest" gelang es The Cure auch in der damals sehr wichtigen TV-Sendung "Top of the Pops" aufzutreten. "A Forest" ging in England auf Platz 31, in Deutschland hatte The Cure erst 1985 den ersten Chart-Hit. Ein weitere Protagonist dieser Szene gründete zeitgleich eine wichtige Band: In Leeds tat sich Andrew Eldritch mit seinem Freund Gary Marx zusammen und nannte das Projekt The Sisters of Mercy.
Der Begriff New Wave geht aber auf den Manager der Sex Pistols zurück: Malcolm McLaren brachte den Begriff Ende der 70er in sein Werk ein und lehnte sich damit an den französischen Begriff Nouvelle Vague an. 1980 hatte sich der New Wave deutlich vom Post Punk abgegrenzt und wurde zum Genre. Erste Synthiepop-Bands traten in Erscheinung und würden in den 80ern rasant an Bedeutung gewinnen. Aber zum Beginn der Dekade waren sie noch nicht kommerziell erfolgreich. Depeche Mode wurden 1980 gegründet, als Vince Clarke, Martin Gore und Andrew Fletcher den Sänger Dave Gahan in die Band aufnahmen. Dave Gahan hatte auch die Idee, die Band nach einem französischen Modemagazin zu benennen. Das erste Album von Depeche Mode, "Speak & Spell", erschien aber erst 1981. Auch der 2015 verstorbene Sänger Steve Strange kam aus der Punk-Szene. Er war Sänger diverser Punk-Bands gewesen und hatte in dieser Zeit auch mit Malcom McLaren gearbeitet. Die New Wave-Band Visage war nur als Seitenprojekt geplant gewesen, und nachdem die erste Veröffentlichung "Tar" 1979 ein totaler Flop wurde, wollten Midge Ure und Steve Strange die ganze Angelegenheit wieder beenden. Dann aber spielte Steve Strange eine kleine Rolle im Video "Ashes To Ashes" von David Bowie. Im Laufe der Aufzeichnungen soll sich Steve Strange komplett der New Romantic-Bewegung verschrieben haben. Diese Inspiration halfen bei der nächsten Single: "Fade To Grey". Zwar wurde "Fade To Grey" von Visage in Deutschland erst 1981 veröffentlicht, in England wurde der Song aber schon 1980 zum Hit - und Referenz für das Genre.
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Hip Hop
Nachdem im November 1979 mit "Rapper´s Delight" der Sugarhill Gang einer der prägendsten frühen Hiphop-Songs erschienen war und der Hit zu einem der ersten kommerziellen Erfolge des Hiphop überhaupt wurde, starteten die 80s in Sachen Rap mit einem echten Knall: Mit "Autoamerican" veröffentlichten Blondie Ende 1980 ein Album, das einen weiteren Meilenstein enthielt: Der Hit "Rapture" gilt bis heute als erster Rap-Song eines weißen Künstlers. Der Hit landete an der Spitze der amerikanischen Billboard-Charts – inklusive des relativ langen Rap-Parts von Debbie Harry. Musik-Fachleute sind sich einig, dass dieser Song dafür sorgte, dass sich Hiphop immer mehr in der Musikindustrie etablieren konnte. Ebenfalls 1980 erschien das Album "The Adventures Of The Wheels Of Steel" von Grandmaster Flash und seinen Furious Five. Es war ein großer Erfolg für das Label "Sugarhill", das bereits für den Erfolg von "Rapper´s Delight" gesorgt hatte. Das 1980er-Album gilt heute als das praktisch erste Hiphop-Album. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich der neue Hype aus der New Yorker Bronx im Jahr 1980 über die ganze Welt. Weitere 1980er-Releases waren: "The Breaks" von Curtis Blow, "Zulu Nation Throwdown" von Afrika Bambaataa und "Freedom" von Grandmaster Flash. Punktgenau mit dem neuen Jahrzehnt war auch der Hiphop aus dem Untergrund an die Oberfläche gekommen.
Dance
1980 war die Hochzeit der Dancefloors. Nicht umsonst wird die Phase von 1977 bis 1983 von einschlägigen DJs als die obskure und experimentelle Epoche des Discosounds bezeichnet. Aus dem meist Phillie-Sound basierten, handgespielten Sound der Dancemusic (McFadden & Whitehead "Ain’t No Stoppin Us Now", Chic "Everybody Dance, Gloria Gaynor "I Will Survive" und Dan Hartman "Relight My Fire") wurden mehr und mehr elektronisch generierte Discotracks. Die ersten Verschmelzungen von Elektronik und klassischem Dancesound sind bereits in den späten 70‘s auf dem Plan. Die unterkühlte Attitude im Zuge des sich anbahnenden elektronischen Zeitalters und die kühle Anonymität einer voranschreitenden digitalen Technik hat sich auch bizarre Wege in der Präsentation und Selbstdarstellung diverser Disco/Dance-Projekte gebahnt. Unnahbarkeit, Coolness und eine fast schon entmenschlicht dargestellte Showpräsenz war die Folge. Gute Beispiele dafür waren Space die bereits 1977 mit "Magic Fly" auf sich aufmerksam machen, Ganymed erschraken mit ihrem Maskendisco bei "It Takes Me Higher", Cerrone glitzerten und schwitzten teilweise unter Tiermasken, Donna Summer fiel bereits 1977 in ein Art Vocal-Stakato zu den der ersten sogenannten "Rolling Bassline" Giorgio Moroders und wirkte fast wie ein Sample ihrer selbst. Die Begegnung mit moderner Technik in Form von bizarren Space-Attitudes wich 1980 langsam einer gewissen Normalität. Elektronische Hilfsmittel waren noch extrem hochpreisig, wurden jedoch mehr und mehr zum Standard neuer Danceprojekte. So erlebte Disco einen neuen Aufschwung als es zu HiNRG wurde. Teilweise wurde dabei bereits der klassische Song-Charakter verlassen und der so genannte "Track" generiert. Prägnanter Moment auf dem Dancefloor, und Dancehymne des Jahres 1980: war Steven Greenberg mit dem Projekt Lipps Inc: "Funkytown". Der bereits 1979 produzierte Track stieg im Frühjahr 1980 weltweit an die Spitze der Dance- und Verkaufs-Charts. Ein Track reduziert auf eine sich immer wiederholende Zeile "Want You Take Me To Funkytown". Damit verdrängte Lips Inc sogar die Discoqueen Diana Ross mit "Upside Down" von der Spitze der Dancecharts. Weitere Hits 1980 waren Kano mit "It's A War", Stevie Wonder "Master Blaster", Joe Bataan "Rap-O Clap-O", Brothers Johnson "Stomp" und The Jacksons "Can You feel it".
Hervorzuheben ist auch die Diskothek Warehouse in der bereits 1980 Frankie Knuckles begann elektronische EBM-Musik aus Europa mit eher klassischen Discotracks der USA zu einem völlig neuen Sound zu mixen. Hieraus entwickelte sich der legendäre (Ware)-House-Sound of Chicago. Gleichzeitig formierten sich 1980 Producer die den Start der neuen Discoaera der frühen 80s angestoßen hatten. Ganz vorne weg dabei der spätere und erste Producer Pet Shop Boys: Bobby Orlando "Der Bass macht den Hit. und dank modernster Studiotechnik produziere ich hunderte Tracks im Jahr", verkündete er. Auf seinem 1980 gegründeten Plattenlabel O-Records erschienen mit "Just a Gigolo" von Barbi & The Kens sowie "Change of Life" von I Spie Lieder, die zu Hits in den New Yorker Diskotheken wurden. 1980 registrierte auch die ersten Songs des späteren Italo Disco - eine neue aufkeimende Zelle des Dancesounds auf elektronischer Basis - allerdings sehr viel Melodie- und popsongorientierter. 1980 war ein spannendes Jahr in der Entwicklung der Dancemusic und ein wichtiger Moment in der Wiedergeburt und Weiterentwicklung von Disco. Eine Zeit des Übergangs, als Computer noch handgespielt klangen – Platine und Schweiß vereint in den Discotheken der Welt.
Aufsteiger der Jahres
Wunderkind des Jahres 1980 war übrigens Christopher Cross, seine Single "Ride Like The Wind" war im Frühjahr 1980 der erste richtig große internationale Hit des neuen Jahrzehnts, die 80er sollten seine Dekade werden. Allerdings liefen die Dinge für Christopher Cross dann doch ganz anders, hier die ganze Geschichte nachlesen.